10. – 12.10.2025 / Ljubimowka – Echo. München. Festival neuer Dramatik über Krieg, Migration und Liebe in einer neuen Welt

Vom 10. bis 12. Oktober 2025 findet in München zum zweiten Mal das Festival neuer Dramatik „Ljubimowka – Echo. München“ statt. Regisseur:innen und Schauspieler:innen aus München lesen deutsche Übersetzungen von sieben neuen Stücken russischsprachiger Autor:innen im Exil, die in Deutschland leben und arbeiten. Das Festival wird vom Kulturreferat der Landeshauptstadt München unterstützt.
Die Lesungen werden von professionellen Regisseur:innen inszeniert.
Alle szenischen Lesungen finden im Kulturzentrum GOROD statt – auf Deutsch und Russisch mit Übertiteln. Wie beim Festival üblich, folgt nach jeder Lesung ein Publikumsgespräch mit Autor:in, Regie und Ensemble.
FREITAG 10.10.2025
19:00 Festivaleröffnung
19:15 „Martingal“ von Elina Mnatsian (Lüneburg)
Regie: Anton Sytin
Übersetzerin: Katharina Wenzl
Die Autorin Elina Mnatsian kam in ein Geflüchtetenlager in Niedersachsen, gemeinsam mit Menschen aus unterschiedlichsten Ländern. In dieser unvorhersehbaren „Zwischenwelt“ begann sie mithilfe von Übersetzungs-Apps ihre Geschichte zu schreiben. Entstanden ist eine Mosaik-Erzählung aus Alltagsszenen: Registrierung, Gemeinschaftsunterkünfte, Konflikte, Gespräche über Politik, Religion und Heimat. Die Figuren – Männer und Frauen unterschiedlichen Alters, Glaubens und Weltanschauungen – sind vereint durch das Schicksal der Zwangsmigration.
Elina Mnatsian (Lüneburg)
Elina Mnatsian ist Dramatikerin, Regisseurin und Musikerin. 2022 war sie aus politischen Gründen gezwungen, Russland zu verlassen. Heute lebt und arbeitet sie in Deutschland. In ihren Werken untersucht sie Mechanismen der Unterdrückung, soziale Stigmatisierung, Emigration, Grenzen der Identität und Probleme der Ungleichheit.
SAMSTAG 11.10
16:00 „Theaterstück über das Verdauungssystem eines Säuglings, der einen Monat vor dem Krieg geboren wurde“ von Roman Osminkin (Leipzig)
Regie: Niklas Draeger
Übersetzerin: Rosemarie Tietze
Ein Antikriegstext, in dem die körperlichen Prozesse eines Neugeborenen zur Metapher für den verfallenen sozio-politischen Körper Russlands werden. Durch Koliken, Schreie und Exkremente des Babys zeigt der Autor die Absurdität, Gewalt und den Schmerz des vom Staat entfesselten Krieges, in dem er selbst Vater wurde. Eine tragikomische Chronik von Überleben und Verantwortung inmitten einer historischen Katastrophe.
Roman Osminkin (Leipzig)
Roman Osminkin ist Dichter, Dramatiker, Performer, Kunst- und Literaturtheoretiker. Er wurde in Sankt Petersburg (Russland) geboren und lebte dort bis 2022. Seit 2023 lebt er in Leipzig (Deutschland).
18:00 „Offene Beziehung“ von Igor Sergeev (München)
Regie: Alexander Löwen
Übersetzer: David Drevs
Ein Drama über die Suche nach sich selbst in einem Raum, in dem Liebesgrenzen verschwimmen und Ehrlichkeit zur größten Herausforderung wird. Durch offene Monologe und alltagsnahe Szenen untersucht der Text das Verlassen tradierter Rollenbilder und monogamer Erwartungen – und verwandelt intime Erfahrungen in ein politisches und persönliches Drama.
Igor Sergeev (München)
Igor Sergeev ist Synchronsprecher, Theaterregisseur und Dramatiker. Als Schauspieler arbeitete er an mehreren Theatern in Sankt Petersburg. Von 2018 bis 2021 war er Kunstdirektor der Plattform „Skorochod“ und arbeitete als Regisseur am „Takoу Teatr“ (Sankt Petersburg). 2022 verließ er Russland und lebt und arbeitet derzeit in München.
20:00 „Das Berlin Syndrom“ von Polina Borodina (Berlin)
Regie: Roman Lykov
Übersetzer: Konstantin Frank
Eine tragikomische Geschichte über die „neuen“ und „alten“ Berliner:innen – geboren in der Hauptstadt oder geflohen vor Krieg und Katastrophen. Deutsche Welle über das Stück: „Sie gehen auf Dates, sonnen sich nackt, trinken Wein und suchen nach Liebe – und können sich nicht verlieben. Das Berliner Syndrom als Unfähigkeit zu lieben befällt jene, die zu viel Schmerz erlebt haben.“
Polina Borodina (Berlin)
Polina Borodina ist Dramatikerin, Drehbuchautorin und Pädagogin und unterrichtet Dramaturgie und kreatives Schreiben. Ihre Stücke wurden mehr als 50 Mal in ganz Europa aufgeführt, mehrfach als „Stück des Jahres” ausgezeichnet und standen auf der Shortlist für renommierte Preise. Im Jahr 2022 wurde Polina nach Protesten gegen den russischen Angriff auf die Ukraine gezwungen, das Land zu verlassen. Im Exil organisierte sie ein internationales Anti-Kriegs-Dramafestival, schuf ein Theaterstück zum Thema Flüchtlinge und schloss sich mehreren unabhängigen Theaterprojekten an. Derzeit lebt sie in Berlin (Deutschland)
SONNTAG 12.10.2025
13:00 Podiumsdiskussion "Integration von Emigrantendramatikern im deutschen Theater"
16:00 Off-Programm
„Paragraph 175: The Rest Will Follow“ von Vit Kogut (München)
Regie: Roman Senin
Ein Porträt der queeren Community Münchens in den 1980er und 1990er Jahren vor der Abschaffung des homophoben §175, zusammengesetzt aus Dutzenden Stunden realer Interviews. Dieses Stück entsteht in der Laborplattform für dokumentarische Dramatik Un/Told. Dramatiker Vit Kogut sammelt – mit aktiver Unterstützung des Forum Queeres Archiv München – keine Geschichte, sondern Stimmen: lebendig, kratzend, lachend und schreiend. Es erzählt, was geschieht, wenn die Welt dich auslöschen will – und du dich stattdessen entscheidest, zu leben: wild, lustvoll, tragisch und radikal ehrlich.
Vit Kogut (München)
Theaterregisseur, Dramatiker und Pädagoge. Geboren und aufgewachsen in Russland, lebt seit 2023 in München. In seinen Projekten erforscht und formuliert er seine eigene kreative Identität neu.
18:00 „Das ist gut“ von Vitaliy Chenskiy (Bamberg)
Regie: Anastasia Patlay
Übersetzerin: Katharina Wenzl
Ein dokumentarischer Dialog zwischen drei Männern, die die Belagerung von Mariupol überlebt haben. In Form eines lebendigen Gesprächs erinnern sie sich an Kriegsalltag: zerstörte Häuser, ein Toaster, der nach dem Beschuss noch funktioniert, Brot für Nachbarn, Brandgeruch. Ein Stück ohne Pathos – über Überleben, Erinnerung, Verlust und den Versuch, Menschlichkeit zu bewahren.
Vitaliy Chenskiy (Bamberg)
Vitaliy Chensky ist Dramatiker. Er wurde in Mariupol (Ukraine) geboren. Seit 2005 lebte er in Kiew und arbeitete als Journalist, Copywriter und Drehbuchautor. Seine Stücke wurden mehrfach für die Shortlists von Dramatikwettbewerben und Festivals ausgewählt. Stipendiat der Villa Concordia (Bayern, 2023–2024). Derzeit lebt er in Bamberg (Deutschland).
19:30 „Verbotene Gefühle ...in Zeiten des Kriegs“ von Nana Grinstein, Nadiia Humeniuk, Friederike Meltendorf, Natalia Reznichenko, Julia Solovjeva, Julia Zeichenkind, Henrike Schmidt (Hamburg)
Regie: Svetlana Belesova
Ein dokumentarisches Projekt, basierend auf realen Interviews mit Menschen aus der Ukraine, Russland, Deutschland und anderen Ländern, die den Krieg erlebt oder reflektiert haben. Das Stück besteht aus anonymisierten Monologen in verschiedenen Sprachen, die widersprüchliche, unterdrückte, „verbotene“ Gefühle thematisieren. Es schafft einen Raum für ehrliche Aussagen und den Versuch von gegenseitigem Verstehen.
Die Autor:innen
Die Theaterautorin und Drehbuchautorin Nana Grinstein, die Filmschaffende Nadiia Humeniuk, die Übersetzerin und Journalistin Friederike Meltendorf, die Journalistin Natalia Reznichenko, die Journalistin und Theaterautorin Julia Solovjeva, die Künstlerin Julia Zeichenkind sowie die Übersetzerin Henrike Schmidt – eine Gruppe von ukrainischen, russischen und deutschen Gleichgesinnten, die nach dem Einmarsch Russlands in die Ukraine zusammengefunden haben. Seit Herbst 2023 sammelt die Gruppe Interviews mit Ukrainer:innen, Deutschen und Russ:innen zum Thema „Verbotene Gefühle …in Zeiten des Kriegs“, aus denen später ein gleichnamiges Theaterstück entstand. Alle Mitgliederinnen der Gruppe leben derzeit in Hamburg.
21:30 Festivalabschluss
In das Hauptprogramm wurden sechs Stücke aus den Shortlists des Hauptwettbewerbs des Festivals „Ljubimowka“ aufgenommen:
„Das Berlin Syndrom“ von Polina Borodina (Berlin)
Eine tragikomische Geschichte über die „neuen“ und „alten“ Berliner:innen – geboren in der Hauptstadt oder geflohen vor Krieg und Katastrophen. Deutsche Welle über das Stück: „Sie gehen auf Dates, sonnen sich nackt, trinken Wein und suchen nach Liebe – und können sich nicht verlieben. Das Berliner Syndrom als Unfähigkeit zu lieben befällt jene, die zu viel Schmerz erlebt haben.“
„Verbotene Gefühle ...in Zeiten des Kriegs“ von Nana Grinstein, Nadiia Humeniuk, Friederike Meltendorf, Natalia Reznichenko, Julia Solovjeva, Julia Zeichenkind, Henrike Schmidt (Hamburg)
Ein dokumentarisches Projekt, basierend auf realen Interviews mit Menschen aus der Ukraine, Russland, Deutschland und anderen Ländern, die den Krieg erlebt oder reflektiert haben. Das Stück besteht aus anonymisierten Monologen in verschiedenen Sprachen, die widersprüchliche, unterdrückte, „verbotene“ Gefühle thematisieren. Es schafft einen Raum für ehrliche Aussagen und den Versuch von gegenseitigem Verstehen.
„Martingal“ von Elina Mnatsian (Lüneburg)
Die Autorin Elina Mnazjan kam in ein Geflüchtetenlager in Niedersachsen, gemeinsam mit Menschen aus unterschiedlichsten Ländern. In dieser unvorhersehbaren „Zwischenwelt“ begann sie mithilfe von Übersetzungs-Apps ihre Geschichte zu schreiben. Entstanden ist eine Mosaik-Erzählung aus Alltagsszenen: Registrierung, Gemeinschaftsunterkünfte, Konflikte, Gespräche über Politik, Religion und Heimat. Die Figuren – Männer und Frauen unterschiedlichen Alters, Glaubens und Weltanschauungen – sind vereint durch das Schicksal der Zwangsmigration.
„Offene Beziehung“ von Igor Sergeev (München)
Ein Drama über die Suche nach sich selbst in einem Raum, in dem Liebesgrenzen verschwimmen und Ehrlichkeit zur größten Herausforderung wird. Durch offene Monologe und alltagsnahe Szenen untersucht der Text das Verlassen tradierter Rollenbilder und monogamer Erwartungen – und verwandelt intime Erfahrungen in ein politisches und persönliches Drama.
„Theaterstück über das Verdauungssystem eines Säuglings, der einen Monat vor dem Krieg geboren wurde“ von Roman Osminkin (Leipzig)
Ein Antikriegstext, in dem die körperlichen Prozesse eines Neugeborenen zur Metapher für den verfallenen sozio-politischen Körper Russlands werden. Durch Koliken, Schreie und Exkremente des Babys zeigt der Autor die Absurdität, Gewalt und den Schmerz des vom Staat entfesselten Krieges, in dem er selbst Vater wurde. Eine tragikomische Chronik von Überleben und Verantwortung inmitten einer historischen Katastrophe.
„Das ist gut“ von Vitaliy Chenskiy (Bamberg)
Ein dokumentarischer Dialog zwischen drei Männern, die die Belagerung von Mariupol überlebt haben. In Form eines lebendigen Gesprächs erinnern sie sich an Kriegsalltag: zerstörte Häuser, ein Toaster, der nach dem Beschuss noch funktioniert, Brot für Nachbarn, Brandgeruch. Ein Stück ohne Pathos – über Überleben, Erinnerung, Verlust und den Versuch, Menschlichkeit zu bewahren.
Off-Programm:
Dokumentarstück von Vit Kogut auf Deutsch: „Paragraph 175: The Rest Will Follow“
Ein Porträt der queeren Community Münchens in den 1980er und 1990er Jahren vor der Abschaffung des homophoben §175, zusammengesetzt aus Dutzenden Stunden realer Interviews. Dieses Stück entsteht in der Laborplattform für dokumentarische Dramatik Un/Told. Dramatiker Vit Kogut sammelt – mit aktiver Unterstützung des Forum Queeres Archiv München – keine Geschichte, sondern Stimmen: lebendig, kratzend, lachend und schreiend. Es erzählt, was geschieht, wenn die Welt dich auslöschen will – und du dich stattdessen entscheidest, zu leben: wild, lustvoll, tragisch und radikal ehrlich.
Ljubimowka ist ein unabhängiges Festival für neue Dramatik. Bis 2022 fand es jährlich in Moskau statt und war das zentrale Ereignis für junge russischsprachige Dramatiker:innen weltweit. Ein Festival radikaler Freiheit, in dem Autor:innen Position beziehen und keine Zensur fürchten. Jährlich gingen über 700 Stücke zum Open Call ein, von denen 20–25 von professionellen Leser:innen für szenische Lesungen ausgewählt wurden. Nach Beginn der großangelegten Invasion der Ukraine erklärte das Festival öffentlich seinen Protest gegen die russische Aggression. Eine Durchführung in Moskau wurde durch Zensur und Repression unmöglich. Im September 2022 startete Ljubimowka einen unbegrenzten Antikriegs-Open-Call. Diese Stücke werden heute weltweit bei den „Echos – Ljubimowka“ gelesen – einer Art Antikriegsbewegung der Theatermacher:innen, die Russland aus Protest oder aus Angst vor politischer Verfolgung verlassen haben.
„Ljubimowka - Echo“ präsentiert Stücke, die nach Beginn der russischen Invasion in die Ukraine entstanden sind. Traditionell handelt es sich um russischsprachige Texte, die in die Landessprache übersetzt werden. Dieses Jahr zeigt das Festival aber auch einen neuen Trend: Multilingualität. So wird in „Martingal“ in neun Sprachen gesprochen – ein babylonischer Chor von Menschen auf der Suche nach einem neuen Zuhause. Das Stück „Verbotene Gefühle im Krieg“ ist auf Deutsch, Ukrainisch und Russisch von einem Kollektiv verfasst. Im Zentrum des Münchner Programms stehen drängende Themen: Leben von Geflüchteten in Deutschland, Rechte und Freiheiten der LGBTQ+-Community sowie Selbstfindung und Neuverortung von Identität.
Das „Ljubimowka - Echo“ war bereits in Narva, Tartu, Tiflis, Haifa, Tel Aviv, Paris, Belgrad, Istanbul, Berlin, Baku, Granada, Jerevan, Jyväskylä, Helsinki, Prag, Frankfurt am Main, München, Warschau, Los Angeles, Tallinn und Zürich zu hören.


Фестиваль новой драматургии ищет актеров и актрис из Мюнхена
10 – 12 октября 2025 в Мюнхене во второй раз пройдет фестиваль современной драматургии Эхо Любимовки.
В сентябре Эхо Любимовки впервые пройдет в Норвегии — в арктическом городе Киркенес.
30 августа пройдет фестиваль читок Эхо Любимовки в экспериментальном театре arten/arten.